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Mietzahlungsplicht bei coronabedingter Geschäfts- und Lokalschliessung

Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs zur Mietzahlungspflicht
bei Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäfts- und Lokalschliessung

Vor allem die Gastronomie- und Hotelbetriebe sowie Einzelhandelsgeschäfte waren seit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 durch hoheitlich angeordnete Maßnahmen stark betroffen. Wie sich diese Maßnahmen auf die Pflicht des Gewerberaummieters zur vollständigen Mietzahlung auswirken, war seit Beginn der Pandemie höchst umstritten und wurde von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beurteilt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun im Januar 2022 in einer Grundsatzentscheidung (Urteil vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21) die streitige Frage entschieden, ob ein Mieter von Gewerberäumen für die Zeit einer behördlich angeordneten Schließung die Miete kürzen darf. Der BGH hat die zu Beginn der Pandemie weithin vertretene Ansicht (hälftige Risikoteilung zwischen Vermieter und Mieter) nicht gebilligt. Der BGH geht nicht davon aus, dass der hoheitliche Eingriff in die Nutzungsmöglichkeit einen Mangel der Mietsache gem. § 536 Abs. 1 BGB bewirkt. Vielmehr nimmt der BGH eine Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB an. Eine Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB kommt nach Ansicht des BGH dann in Betracht, wenn sich die bei Vertragsschluss als Vertragsgrundlage anzunehmenden Umstände schwerwiegend verändert haben und die Vertragsparteien den Mietvertrag anders oder gar nicht abgeschlossen hätten, wenn sie die Veränderungen vorausgesehen hätten.

Nach Ansicht des BGH stellen die coronabedingten erforderlichen hoheitlichen Beschränkungen solche Umstände dar.

Der BGH hält im Hinblick auf die vom Staat den gewerblichen Mietern gewährten Hilfen eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalls für geboten. Der Mieter, der eine Anpassung des Mietzinses begehrt, hat daher darzulegen und zu beweisen, dass auf Corona zurückzuführende Umsatzeinbußen vorliegen, die nicht anderweitig abgedeckt würden. Deshalb ist der Mieter einer Gewerberaumfläche einerseits gehalten, die pandemiebedingten Nachteile, vor allem den konkreten Umsatzrückgang, darzulegen. Andererseits sind die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter an staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erhält. Das können sowohl staatliche Unterstützungsleistungen wie Zahlungen einer einstandspflichtigen Betriebsschließungsversicherung sein. Per Darlehen gewährte staatliche Unterstützungsleistungen bleiben aber unberücksichtigt. Nach Ansicht des BGH ist daher eine Einzelfallprüfung erforderlich, eine hälftige Risikoaufteilung ist nicht zulässig.

Alfred Lechner
Rechtsanwalt